Rückblick und Ausblick: Bundesfrauenrat und Bundesdiversitätsrat 2022

Auch in Thüringen ist es uns ein wichtiges Anliegen Menschen mit Vielfaltsmerkmalen stärker in den Fokus zu rücken und den Strukturprozess im Freistaat weiter voranzutreiben. Im Mai fanden dazu gleich zwei wichtige Veranstaltungen vom Bundesverband in Berlin statt: der Bundesfrauenrat und der Bundesdiversitätsrat. Vertreten wurden wir Grünen Thüringen in Berlin von unseren Delegierten Theresa Ertel beim Diversitätsrat und von Henriette Jarke beim Frauenrat. Theresa und Henriette berichten im Folgenden, was vor Ort diskutiert und beschlossen wurde:

Der Bundesdiversitätsrat

Im Diversitätsrat wollen wir Strukturen innerhalb unserer Partei verbessern, um uns diverser aufzustellen und für Menschen, die Diskriminierung(en) erfahren, die Barrieren zur politischen Teilhabe abzubauen. Der Diversitätsrat fand am 06. und 07. Mai 2022 in Berlin statt. Theresa Ertel hat uns aus Thüringen als Delegierte dort vertreten.

Am ersten Tag des Diversitätsrates lag der Schwerpunkt auf der politischen Teilhabe von Menschen mit Behinderung(en). Dafür wurde einen Beschluss gefasst, der Kreis- und Landesverbände sowie den Bundesverband auffordert, die bestehenden Barrieren abzubauen: beispielsweise sollen Geschäftsstellen barrierefrei werden oder Gremiensitzungen bei Bedarf in Gebärdensprache übersetzt werden. Außerdem wurde ein „Train-the-Trainer Programm Antidiskrimminierung“ beschlossen. Damit soll in jedem Landesverband Menschen zur Antidiskrimminierungstrainer*innen ausgebildet werden, die dann wiederum Grüne Amts- und Funktionsträger*innen, sowie hauptamtlich Angestellte für unterschiedliche Diskriminierungsformen sensibilisieren. Zum Schluss des ersten Tages war noch eine Podiumsdiskussion zum Thema „Teilhabe für Menschen mit Behinderung: Vergangenheit, Zukunft, Gegenwart“ organisiert, in der in den Vordergrund gerückt wurde, dass Inklusion ein Strukturprinzip ist. Der zweite Tag (Samstag) des Diversitätsrates startete mit dem Schwerpunkt Ukraine, insbesondere der Situation der Geflüchteten. In ihrer politischen Rede hob die vielfaltspolitische Sprecherin der Bundesgrünen Pegah Edalatian hervor, dass wir es als Grüne verurteilen, das Putin den Menschen in der Ukraine ihr Recht auf Selbstbestimmung nehmen will.

Zudem wurde am Samstag aber auch Beschlüsse gefasst: Mit dem Vielfaltscent fließen nun pro Mitglied 1€ in diversitätsfördernde Maßnahmen unseres Diversitätsrates. Damit können wir nun das Train-the-Trainer Programm für Diskrimminierungssensibilisierung, Empowerment, Kampagnen und mehr finanzieren. Da im Diversitätsstatut auch festgelegt ist, dass alle Veranstaltungen der Grünen grundsätzlich barrierefrei zu gestalten sind, wurde noch ein Antrag auf einen Inklusionstopf im Bundeshaushalt der Grünen eingebracht, mit dem die Finanzierung der Barrierefreiheit gewährleistet werden soll. Der Antrag wurde ohne Beschluss an den Bundesvorstand überwiesen.

Wer Anliegen oder Fragen zum Diversitätsrat oder das Diversitätsstatut hat, kann sich gerne jederzeit an Theresa wenden: theresa.ertel[at]gruene-jena.de.

Der Bundesfrauenrat

Beim ersten Bundesfrauenrat in diesem Jahr vom 20. bis 21. Mai 2022 vertrat uns unsere Delegierte Henriette Jarke. Bereits am Freitag wurden in Diskussionen ein Blick auf die aktuelle Lage in der Ukraine aus frauenpolitischer Sicht geworfen. Frauen auf der Flucht sind besonders vulnerable Gruppen. Diese gilt es besonders zu schützen! In einem Gespräch mit Kristina Lunz vom Centre für Feminist Foreign Policy und Agnieszka Brugger, MdB im Verteidigungsausschuss, wurde insbesondere feministische Außenpolitik thematisiert. Feministische Außenpolitik existiert nicht erst seit Beginn der neuen Bundesregierung, sondern hat eine lange Tradition. Und obwohl diese fest verankert im Koalitionsvertrag ist, wird sie von vielen immer noch nicht ernst genommen. Es ist wichtig ein intersektionales Verständnis dafür aufzubringen, um genau den Personen Gehör zu verschaffen, die in der Gesellschaft unterrepräsentiert sind. Frauenpolitik darf nicht nur in einigen Bundesministerien einen besonderen Fokus erhalten, sondern muss Einklang in alle Ebenen der Politik finden – so das Ergebnis des ersten Abends.

Am Samstag folgte nach politischen Reden unter anderem von Ricarda Lang und der Vorstellung der Bundestagsfraktion der Antrag „Wirtschaftliche Unabhängigkeit – kein Rollback bei der Erwerbstätigkeit von Frauen!“. Zuerst wurden die frauenpolitische Konsequenzen aus den Erfahrungen mit der Corona-Pandemie beleuchtet. Es zeigt sich, dass vor allem Frauen seit fast zwei Jahren fast durchweg im Krisenmodus leben und arbeiten. Ganz besonders Müttern, Alleinstehenden, Geflüchteten, Sexarbeiter*innen, Schwangeren, von Gewalt betroffenen Frauen, Frauen die in systemrelevanten Berufen arbeiten oder Familie und Beruf vereinbaren müssen, verlangt die Pandemie-Bewältigung eine immense Kraftanstrengung ab. Die fehlende Repräsentation von Frauen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft hat dazu geführt, dass Frauen ihre eigene Perspektive nicht in ausreichendem Maße einbringen konnten und ihre Anliegen somit unter den Tisch fielen. Wir setzen uns für Geschlechterparität in allen Bereichen ein, damit die frauenspezifische Perspektive stets berücksichtigt wird. Auch auf dem Arbeitsmarkt haben sich die ungerechten Strukturen verstärkt. Viele Frauen zum Beispiel aus dem Einzelhandel, der Gastronomie oder der Dienstleistungsbranche haben mit Gehaltseinbußen leben müssen oder gar ihre Jobs verloren. Da sich die vielfältigen Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt in Krisensituationen potenzieren, müssen wir diese dringend verringern. Nur so kann eigenständige Existenzsicherung auch in Krisen gelingen. Konjunkturprogramme kommen Frauen und Männer nicht im gleichen Maße zugute. Wir brauchen einen „Geschlechtergerechtigkeits-Check“ für die Corona-Hilfsmaßnahmen und die noch kommenden Entlastungspakete. Aber auch bei der Sorgearbeit und dem dringend nötigen Ausbau bei Frauenhäusern ist noch viel zu tun. Die Pandemie hat uns die Schwachstellen unseres gesellschaftlichen Miteinanders aufgezeigt. Geschlechtergerechtigkeit und eine gleichberechtigte Teilhabe Aller sind die Grundlage für widerstandsfähige Gesellschaften. Dafür wollen wir gemeinsam mit der Bundesregierung kämpfen, so das Ergebnis des Antrages.

Weiterhin wurde am Samstag die Umsetzung der Richtlinie EU2010/41 – „Mutterschutz für Selbstständige“ beleuchtet. Selbständige Frauen bekommen diese Unterstützung, wenn sie schwanger sind, nicht selbstverständlich und fallen leicht aus dem System raus, was mitunter dramatische Folgen für werdende Mütter hat. So werden gut ausgebildete Frauen in verantwortlicher Position aus dem Erwerbsleben ausgeschlossen, da sie bei Schwangerschaft, insbesondere in den Anfangsjahren in die Insolvenz getrieben werden. Diese Ungleichheit wollen wir abschaffen!

Der Beschluss „Wirtschaftliche Unabhängigkeit – kein Rollback bei der Erwerbstätigkeit von Frauen!“ wurde einstimmig beschlossen. Ein starkes Zeichen!

Mit einem abschließendem Bericht aus dem Diversitätsrat, war das intensive und erfolgreiche Wochenende auch schon wieder vorbei!